Frage: Wird der frühere Wirtschaftsminister und SPD-Vize Wolfgang Clement nach seiner Kritik an der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti jetzt von der FDP zu ihrem Mitarbeiter des Monats gekürt?WESTERWELLE: Wo Herr Clement Recht hat, hat er Recht. Die Energiepolitik von SPD, Grünen und Linkspartei schadet unseren ökonomischen und ökologischen Interessen in Deutschland. Wir müssen die Energiepolitik endlich von der Dominanz des Irrationalen befreien. Wir benötigen einen ausgewogenen Energiemix. Dazu gehören auch die modernsten Kernkraftwerke der Welt. Es macht keinen Sinn, die sicheren Kernkraftwerke in Deutschland abzuschalten, um danach Strom aus alten, unsicheren Anlagen aus dem Ausland zu kaufen. Längere Laufzeiten der deutschen Kraftwerke wären ein Gebot der Vernunft. Aber man braucht Herrn Clement nicht, um zu wissen, dass man in Hessen am besten FDP wählt.
Frage: SPD-Politiker wollen Clement jetzt aus der Partei ausschließen. Wäre er der FDP willkommen?WESTERWELLE: Die FDP ist die Partei der Leistungsbereitschaft, Weltoffenheit und Toleranz. Wer mit uns der Meinung ist, dass wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit zwei Seiten derselben Medaille sind, ist uns herzlich willkommen. Das gilt natürlich auch für vernünftig denkende Sozialdemokraten.
Frage: Herr Westerwelle, haben Sie nach dem Aus für den Nokia-Standort Bochum auch die Handy-Marke gewechselt?WESTERWELLE: Die Firma Nokia verhält sich unanständig. So geht man nicht mit Arbeitnehmern um. Wenn Politiker jetzt symbolisch ihre Handys zertrümmern, hilft das
nicht weiter. Herr Seehofer, Herr Beck und Herr Struck sollten nicht ihre Handys wechseln, sondern ihre Politik. Sie sollten sich endlich vom bürokratischen deutschen Steuersystem sowie den Forschungsverboten verabschieden und die Lohnzusatzkosten deutlich senken. Das würde dem Standort Deutschland helfen und nicht die öffentliche Profilierung im Wahlkampf.
WESTERWELLE: Staatliche Subventionen können den notwendigen Strukturwandel nicht ersetzen. Wir müssen Schluss machen mit dieser Subventionitis. 80 Prozent der Ausbildungs- und 60 Prozent der Arbeitsplätze entstehen im Mittelstand. Und der geht beim Wettbewerb um Subventionen meist leer aus. Ich unterstütze die Initiative von EU-Kommissar Günther Verheugen, die europäische Subventionspolitik grundlegend zu ändern und den Subventionsdschungel endlich zu roden. Wir müssen in Bildung, Forschung und Infrastruktur investieren. Dann kommen die dauerhaften Arbeitsplätze zu uns. Es wird immer Länder geben, die billiger produzieren als wir. Deshalb müssen wir besser sein. Unsere Rohstoffe sind Forschung, Bildung und Ausbildung. Wir sollten im Wahlkampf weniger über Jugendknast und mehr über die Ausstattung von Schulen und Universitäten reden.
Frage: Ist die Schließung des Handy-Werkes nicht Ausdruck eines verpassten Strukturwandels und einer verfehlten Subventionspolitik?
WESTERWELLE: Die so genannte Große Koalition ist auf einem wirtschafts- und finanzpolitischen Crashkurs. Die Reduzierung der Neuverschuldung des Bundes auf Null wäre bereits im Haushalt 2008 möglich gewesen. Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern einen eklatanten Mangel an Disziplin bei den Ausgaben. Nur eine grundlegende Steuerstrukturreform würde dafür sorgen, dass die Bürger dauerhaft entlastet und Arbeitsplätze erhalten bleiben.
Frage: Union und SPD lehnen Steuersenkungen auf Pump ab und wollen erst bis 2010 die Neuverschuldung des Bundes auf Null bringen. Will die FDP eine Reform auf Kosten der kommenden Generationen?
Frage: In der heißen Phase des Landtagswahlkampfes werden Warnungen vor einem Linksbündnis laut. Trauen Sie den Versicherungen von SPD-Chef Kurt Beck nicht, dass es keine Koalition mit der Linkspartei geben werde?WESTERWELLE: Wenn es am Wahlabend in Hessen oder Niedersachsen eine linke Mehrheit gibt, wird die SPD auch eine linke Regierung bilden. Die SPD wird umfallen, wenn es um die Macht geht. Ob man das dann Tolerierung oder wie auch immer nennt, das spielt keine Rolle. Ich traue den SPD-Versprechen, kein Linksbündnis zu schmieden, nicht von hier bis zum Wahlabend.
Frage: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat heftige Kritik am Bundesverfassungsgericht geübt. Richterschelte aus den Reihen der Bundesregierung - wird da nicht eine klare Grenze überschritten?WESTERWELLE: Diese öffentlichen Maßregelungen sind unangemessen. Ich fordere den Bundesinnenminister auf, dies einzustellen. Hier überschreitet er deutlich seine Kompetenzen. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber den obersten Richtern unserer Republik. Die Exekutive, der auch Herr Schäuble als Minister angehört, hat sich gefälligst daran zu gewöhnen, dass wir unabhängige Richter haben.
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