Samstag, 17. November 2007

Zustand der Koalition

Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für den "Nordkurier" (Samstag-Ausgabe) den folgenden Gastkommentar:
"Zustand der Koalition

Die politischen Folgen des Rücktritts von Franz Müntefering sind offenkundig: Die Regierungs-Koalition wird noch unzuverlässiger. Sie hat sich schon am vergangenen Montag nicht mehr einigen können. Schwarz-Rot verwaltet mittlerweile nur noch sich selbst. Union und SPD sind sich allenfalls einig, uneinig zu sein. Diese Regierung hält es schon für einen Erfolg, dass sie nicht auseinanderplatzt.

Nur auf eines hat sich die Regierung geeinigt: Dass das Arbeitslosengeld etwas länger gezahlt wird. Wir Liberale wollen nicht mehr Arbeitslosengeld für einige, sondern mehr Arbeit für alle. Niedrigere Lohnzusatzkosten machen Arbeit günstiger. Das hilft, dass Menschen, die Arbeit suchen, auch Arbeit finden. Wir wollen Arbeitslosigkeit nicht länger begleiten, sondern verkürzen.

Dass Schwarz-Rot noch im Amt ist, ist bedauerlich, aber noch kein Erfolg der Koalition. Der Maßstab für den Erfolg einer Regierung darf doch nicht sein, dass man es schafft, den eigenen Streit gerade noch auszuhalten. Ein Erfolg der Koalition muss doch daran gemessen werden, ob etwas Gutes für Deutschland herauskommt. Es muss darum gehen, dass bei mehr Bürgern etwas vom Aufschwung ankommt. Gerade jetzt, im Aufschwung, müssen wir mit Strukturreformen für den nächsten Abschwung vorsorgen.

Was nützt den Bürgern ein Bruttomindestlohn, wenn diese Regierung den Bürgern netto immer weniger lässt? Die vergessene Mitte in unserem Land braucht mehr Netto vom Brutto. Stattdessen belastet die Bundesregierung allein in diesem Jahr eine vierköpfige Durchschnittsfamilie mit rund 1600 Euro zusätzlich durch Steuer- und Abgabenerhöhungen. Es ist absurd, wenn Schwarz-Rot erst abkassiert und dann über neue Wohltaten nachdenkt. Die anderen Parteien ziehen die Spendierhosen an. Aus Angst vor Oskar Lafontaine rutscht die SPD nach links, und die Union rutscht gleich mit. Die FDP bleibt in der Mitte.

Statt die Bürger durch ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem zu entlasten, hat die Koalition das Regieren eingestellt. Union und SPD haben sich in den Wahlkampf verabschiedet. Wenn Kurt Beck sich vor der Verantwortung in Berlin drückt, dann beweist dies doch, dass auch der SPD-Vorsitzende nicht mehr an diese Koalition glaubt. Der Edmund Stoiber der SPD heißt heute Kurt Beck.

Zwei Jahre Dauerwahlkampf ist mit Sicherheit nicht das, was Deutschland braucht. Eine Regierung, die nicht mehr regieren kann oder will, sollte die Verantwortung an die Bürger zurückgeben. Unser Land braucht klare Verhältnisse. Statt Lähmung brauchen wir einen Neuanfang."

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