Freitag, 23. November 2007

Koalitionsoptionen

Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der „B.Z. am Sonntag“ (23.11.2007) das folgende Interview. Die Fragen stellte FRIEDEMANN WECKBACH-MARA:

Frage: In der kommenden Woche bereitet die CDU ihren Bundesparteitag Anfang Dezember vor. Was erwarten Sie von Ihrem Wunsch-Koalitionspartner?
WESTERWELLE: Die CDU sollte sich von ihrem Linksruck der letzten Monate verabschieden. Was in den Koalitionsrunden mittlerweile stattfindet, ist mir zu viel DDR, zuviel Planwirtschaft, wenn dort neuerdings sogar an Stelle der Tarifparteien über Löhne verhandelt wird.
Frage: Welche?
WESTERWELLE: Für Postzusteller hat die SPD 9,80 Euro verlangt, die Union war bereit, 8 Euro zu bieten. Da dreht sich doch Ludwig Erhard, der Vater der sozialen Marktwirtschaft, im Grab um. Die Weltkonjunktur boomt. Aber trotzdem kommt beim Bürger vom Aufschwung nichts an.
Frage: Immerhin wird der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt…
WESTERWELLE: Um 200 Euro, aber zuvor hat diese Regierung eine vierköpfige Familie um etwa 1 600 Euro in diesem Jahr mehr belastet als 2006. Bildlich gesprochen: Die Bundesregierung nimmt dem Bürger ein Schwein weg, gibt ihm ein Kotelett zurück und verlangt dafür Beifall.
Frage: Was sollte der CDU-Parteitag stattdessen beschließen?
WESTERWELLE: Die Rückkehr zur wirtschaftlichen Vernunft. Das beginnt mit einem klaren Bekenntnis zu einem niedrigeren, einfacheren und gerechteren Steuersystem wie vor der Wahl versprochen.
Frage: Viele in der Union wollen das ja immer noch…
WESTERWELLE: Aber sie können sich nicht durchsetzen, wie Friedrich Merz und Gunnar Uldall mit ihrem Steuermodell. Ich lade alle Unionsmitglieder, die sich durch den Linksrutsch nicht repräsentiert fühlen, herzlich ein, in die FDP als letzte verbliebene Partei der sozialen Marktwirtschaft und Leistungsgerechtigkeit zu kommen.
Frage: Das ändert jetzt aber nichts an Problemen wie den hohen Energiepreisen…
WESTERWELLE: Jetzt gibt es Regierungstränen über die hohen Energiepreise. Dabei weiß jeder, dass der Staat der größte Preistreiber ist. Mehrwertsteuer, Stromsteuer, Ökosteuer und Steuer auf Biodiesel, die sogar noch erhöht wird.
Frage: Was schlagen Sie vor?
WESTERWELLE: Die zweite Hälfte der Legislaturperiode muss zur Entlastung der Bürger führen. Die Erlöse aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten, etwa 800 Millionen Euro, müssen in die Senkung der Stromsteuer statt in den Staatshaushalt fließen.
Frage: Und der macht dafür wieder neue Schulden?
WESTERWELLE: Im Gegenteil. Der Staat muss endlich sparen.
Frage: Wo?
WESTERWELLE: An diesem Montag legen wir zu Beginn der Haushaltberatungen im Bundestag unser 400 Seiten starkes Sparbuch mit einem Gesamtvolumen von 11,8 Mrd. Euro vor. Damit kommt der Haushalt für das Jahr 2008 praktisch ohne neue Schulden aus. Typisches Beispiel: In der letzten Woche hat China Deutschland als Wirtschaftsnation auf Platz 3 der Welt überholt. Trotzdem zahlen wir weiter Entwicklungshilfe an diese Konkurrenz. Wir wollen diese 67 Mio. Euro sparen. Und die 74 neuen dauerhaften Planstellen, mit denen Koalitionspolitiker aus den Ministerien heraus Wahlkampf machen. Auch der Innenminister könnte sparen. Seine Bundespolizei unterhält drei Polizeiorchester für rund 10 Millionen Euro. Dabei kommt selbst die Bundeswehr mit nur einem Wachbataillon für alle Staatsbesuche aus.

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