Samstag, 23. Februar 2008

Hessische Verhältnisse

Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der „Bild“ (23.2.2008) das folgende Interview. Die Fragen stellten C. KERSTING, E. KOCH, J.-W. SCHÄFER und D. SCHLÜTER:

Frage: Wenn sich Frau Ypsilanti von der Linkspartei zur hessischen Ministerpräsidentin wählen lässt und SPD-Chef Kurt Beck dies deckt – was heißt das für die Bundespolitik?
WESTERWELLE: Ich bin entsetzt darüber, dass die SPD zum Wortbruch entschlossen ist. Wie schon bei der Mehrwertsteuer verrät die SPD erneut ihre Wähler. Was in Hessen droht, kommt dann auch in Hamburg, sofern der Wähler es zulässt: eine Linksfront-Regierung! Eine SPD, die sich mit Billigung von Herrn Beck von Kommunisten an die Macht bringen lässt, kann für Angela Merkel im Bund kein Koalitionspartner mehr sein! Schwarz-Rot ist jetzt schon gelähmt. Die Union sollte sich JETZT genau überlegen, ob sie sich von einer SPD nicht trennt, die mit Sozialisten und Kommunisten eine andere Republik vorbereitet!

Frage: Ein Steuerskandal nie gekannten Ausmaßes erschüttert Deutschland. Bedeutet der Fall Zumwinkel das Ende der sozialen Marktwirtschaft?
WESTERWELLE: Nein. Die Tatsache, dass solche Skandale aufgedeckt werden, zeigt ja, dass die Kontrolle in der sozialen Marktwirtschaft funktioniert. Wenn ein Skandal rauskommt, dann ist nicht das System schlecht – schlecht sind einige, die sich falsch verhalten. Skandale reinigen das System. Wir brauchen Verfolgungsdruck durch Fahnder und Polizisten. Wir haben ein Vollzugsdefizit, kein Gesetzesdefizit.

Frage: Die Steuerrazzien sind doch Wasser auf die Mühlen der Linkspartei.
WESTERWELLE: Nein, das glaube ich überhaupt nicht. Die Bürger sind schlau genug, um zu durchschauen, dass jetzt einige versuchen, ihr parteipolitisch linkes Süppchen zu kochen. In unserem System kommen die Skandale raus, im Sozialismus dagegen wird alles unter den Teppich gekehrt, weil es weder Presse- noch Meinungsfreiheit gibt.
Im Übrigen: Den Normal-Bürgern wird zu viel abgeknöpft. Die Menschen ärgern sich vor allem darüber, dass es zwei Jahre Aufschwung gab und sie davon nichts abbekommen haben. Eine durchschnittliche vierköpfige Familie hat in diesem Jahr 1600 Euro weniger zur Verfügung als vor den ganzen Steuer- und Abgabenerhöhungen von Schwarz-Rot.
Die Regierung hat leider mit zwei goldenen Regeln der sozialen Marktwirtschaft gebrochen. 1. Leistung muss sich lohnen. 2. Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet. Hier klafft die Gerechtigkeitslücke, deshalb gibt es Unmut. Und diesen Unmut kann ich gut verstehen.

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