Sonntag, 6. Januar 2008

Linksrutsch in Deutschland beenden - FDP ist der Anwalt der vergessenen Mitte


Wir haben ein Jahr hinter uns, das Deutschland mehr verändert hat, als wir hier vor einem Jahr in Stuttgart geglaubt haben. Wahlen haben Deutschland 2007 nicht verändert. Es gab auch keine neuen politischen Mehrheiten. Die politischen Diskussionen haben sich verändert.
Das Verteilen wurde wieder wichtiger als das Erwirtschaften. Der Staat war wieder wichtiger als das Private. Und die Gleichheit wichtiger als die Freiheit.
Vor einem Jahr hätten wir es nicht für möglich gehalten, dass sogar die schmalen Reformen der Agenda 2010 eines sozialdemokratischen Bundeskanzlers von einer CDU-Bundeskanzlerin rückabgewickelt werden.
Vor einem Jahr hätte es kaum jemand für möglich gehalten, dass die Regierung in Deutsch-land die Höhe von Löhnen festlegt. Übrigens 60 Jahre nachdem Ludwig Erhard 1948 die staatli-che Festlegung der Preise beendet hat.
Vor einem Jahr hätte niemand erwartet, dass die SPD unter Kurt Beck weiter nach links rückt, und die Sozialdemokraten sich als Partei des demokratischen Sozialismus ausrufen.
Vor einem Jahr war es nicht absehbar, dass unsere grünen Mitbewerber in einen pazifistischen Fundamentalismus zurückfallen und unbezahlbare 60-Milliarden-Programme beschließen und die Realpolitiker sich nach und nach von der grünen Bühne verabschieden.
Vor einem Jahr hätte kaum jemand geglaubt, dass die Neosozialisten und die Postkommunisten bundesweit antreten und in den Salons so getan wird, als sei das lediglich eine bunte Bereicherung der Parteienlandschaft.
2007 hat die Regierung in Berlin nach der größten Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik den Bürgen mehr Geld aus der Tasche gezogen als jemals zuvor.
2007 hat die Bundesregierung die Planwirtschaft im Gesundheitswesen eingeführt. Mit dem Ergebnis, dass die Abgaben weiter steigen.
2007 war das Jahr des Pendelausschlags nach links. 2007 war das Jahr, in dem die bürokratische Staatswirtschaft neue Freunde gefunden hat – bis in die Reihen der Union hinein. 2007 war das Jahr der verpassten Chancen. Kaum gab es einen kleinen Aufschwung, verfällt die Politik in die alten Fehler: Mehr Geld verteilen und bequeme Pantoffelpolitik. Was früher ruhi-ge Hand hieß, das heißt heute kleine Schritte.
Wir wollen das im Jahr 2008 wenden. Wir wollen den Linksrutsch beenden. Wir wollen das Jahr 2008 zum Jahr der Leistungsgerechtigkeit machen. Wir wollen eine Renaissance der Freiheit, weil nur die Kraft der Freiheit Wohlstand für alle schafft.
Wir stellen uns gegen die Gegner der offenen Gesellschaft, die Freiheit als gefährlich diffamieren und sagen, von den Freien Demokraten ginge die eigentliche Gefahr aus.
Die Gegner der Freiheit wollen den Bürgern einreden, dass unsere wirtschaftsfreundliche Politik arbeitnehmerfeindlich sei. Wir Liberalen sagen: Es gibt keine bessere Politik für Arbeitnehmer als den Mittelstand zu stärken. Denn der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft und gerade auch der Arbeitsplätze. Wir wollen in Deutschland keine Wirtschaft, die bloß aus Ich-AGs und einigen Monopolkonzernen besteht. Wir wollen Unternehmen, in denen Verantwortung gelebt wird.
Die Gegner der Freiheit wollen Deutschland einreden, dass je mehr der Staat für soziale Zwecke ausgibt, umso gerechter gehe es in der Gesellschaft zu. Wir Liberale sagen, je mehr Menschen durch eigene Leistung ihr Leben gestalten können, desto gerechter ist die Gesellschaft.
Die Gegner der Freiheit wollen uns einreden, dass Leistungsträger die Widersacher der Benachteiligten seien. Wir Liberale sagen: In ei-nem Land, in dem Leistungen nicht anerkannt werden, wird „Wohlstand für alle“ keine Chance haben.
Die Gegner der Freiheit sagen, der Liberalismus sei nur etwas für die Starken. Wir sagen: Wir Liberale schützen die Schwachen vor den Starken. Aber auch vor den Faulen.
Die Gegner der Freiheit sagen, die FDP habe zwar Verstand aber zu wenig Herz. Wir sagen: Eine Politik der guten Ergebnisse ist besser für die Menschen als eine Politik der besten Absichten.
Die Gegner der Freiheit behaupten, die Liberalen seien Staatsfeinde. Wir sagen: Stark ist der Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert. Schwach ist der Staat, der sich in das Leben der Bürger einmischt, dort, wo er nichts zu suchen hat.
Die Gegner der Freiheit sagen, die Liberalen seien ein Sicherheitsrisiko. Wir sagen: Man kann den Rechtsstaat nicht schützen, indem man die Bürgerrechte aufgibt.
Die Gegner der Freiheit sagen, die FDP sei ei-ne neoliberale Partei. Wir sagen: Vor einem neuen Liberalismus muss sich Deutschland nicht sorgen, vor dem Neosozialismus muss sich Deutschland fürchten.
Ich bin schon seit vielen Jahren ein Gegner von Vorsilben zu dem Begriff „liberal“. Wer eine Vorsilbe benutzt, der vergisst die vielen anderen Facetten des Liberalismus.
Das Wort Neoliberalismus aber als Kampfbegriff gegen Reformen zu verwenden und „neoliberal“ mit „unsozial“ gleichzusetzen, geht an der Sache und der Geschichte vorbei. Der Neoliberalismus ist in den 1930er Jahren gerade als Reaktion auf den Staat der faschistischen Diktaturen und die Abschottung der Wirtschaft entstanden. Der Neoliberalismus von Hayek, Röpke, Eucken ist die geistige Quelle der sozialen Marktwirtschaft. Neoliberalismus als Antwort auf die Willkür der Diktatur hat den staatlichen Ordnungsrahmen bejaht. Wir Liberale sind stolz auf unsere Wurzeln. Wir wissen, ein bescheidener Staat und eine offene Gesellschaft sind nicht unsozial. Sie sind die Voraussetzung für Freiheit und Wohlstand. Und wir meinen Wohlstand für alle.
Vor gut einem halben Jahr habe ich hier in Stuttgart auf unserem Bundesparteitag vor der Wiederbelebung des Sozialismus gewarnt. Meine Warnung vor einem Linksrutsch hat mir manche scharfe Kritik eingebracht. Ich fürchte, meine Warnungen waren noch untertrieben. Viele in Deutschland vergessen zu schnell.
In diesem Jahr wird die Deutsche Einheit volljährig. Ein Geburtstag, den wir als Deutsche gern feiern, aber es erstaunt mich schon, dass 18 Jahre nach dem Untergang der DDR die Folgen von Sozialismus bei einigen nicht mehr in Erinnerung sind.
Ein deutschlandweit bekannter „Tatort“-Schauspieler und Regisseur sagte vor einigen Wochen, „ich glaube fest daran, dass das Experiment, das wir in der DDR erlebt haben, irgendwann noch einmal von vorn losgeht“. „Die Menschen brauchen wieder Utopien für das, was kommen soll“. Die Sozialisten haben immer erst die Wirtschaft verstaatlicht, dann das Denken, und am Schluss landeten Andersdenkende im Gefängnis. Wenn es immer so war, auf der ganzen Welt, in hundert Jahren, dass Menschen zu Opfern des Sozialismus wurden, dann war die DDR nicht die schlechte Umsetzung einer guten Idee. Dann ist der Sozialismus eine schlechte Idee. Der Sozialismus ist keine freundliche Utopie. Er ist auch kein Traum. Er ist ein Albtraum.
Worüber wurde im vergangenen Jahr alles diskutiert? Über Ausschläge nach oben und nach unten. Über Heuschrecken auf der einen Seite und die sogenannte Unterschicht auf der anderen Seite. Die Politik redet über Extremfälle. Jeder Verrückte findet mehr Beachtung als eine ganz normale Familie, die ihren Alltag meistert. Diese Mitte ist es, die unser Land trägt.
Vor vier Jahren habe ich in meiner Positionsschrift „Für die freie und faire Gesellschaft“ formuliert:„In früheren Zeiten ging der Veränderungsdruck oftmals von den politischen Rändern aus. Heute kommt er aus der Mitte der Gesellschaft. Der Veränderungsdruck aus der Mitte der Gesellschaft ist in der Politik noch nicht angekommen.“
An diese Mitte wenden wir uns: Die Bürger, die eine soziale Marktwirtschaft mit Leistungsgerechtigkeit in Deutschland wollen, müssen aus der Deckung kommen und die FDP unterstützen. Allein die Liberalen stehen noch für marktwirtschaftliche Prinzipien ein – gerade auch im Interesse der sozialen Gerechtigkeit. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie im-mer mehr Gleichmacherei bis hin zur totalen Mittelmäßigkeit oder mehr Freiheit ausdrücklich auch für Spitzenleistungen? Das sind Schicksalsfragen für die Republik, die gerade auch Sie persönlich angehen!
Die Hälfte aller Steuerzahler trägt etwa 94 Pro-zent der gesamten Einkommenssteuerlast. Wenn diese Mitte die Lust an Leistung verliert, dann leiden darunter die Schwächsten zuerst.
Alles, was verteilt werden soll, muss vorher von jemandem erarbeitet werden. Wer verhindert, dass sich Anstrengung lohnt, wer verhindert, dass Fleiß sich auszahlt, wer die Leistungsgerechtigkeit abschafft, der wird jede soziale Gerechtigkeit verlieren.
2008 muss das Jahr der Leistungsgerechtigkeit werden. 2008 muss das Jahr derjenigen Bürger werden, die den Karren in Deutschland ziehen.
Das sind diejenigen, die morgens aufstehen, ih-re Kinder versorgen und zur Arbeit gehen. Das sind diejenigen, die sich anstrengen, damit sie sich etwas leisten können. Das sind diejenigen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Die einsteigen wollen, nicht aussteigen. Die Arbeit suchen, wenn sie keine Arbeit haben. Die etwas erreichen wollen, für sich und ihre Familien. Es sind diejenigen, die mehr haben als die, die gar nichts haben. Aber es sind diejenigen, die weniger haben als die, die alles haben.
In der Mitte der Gesellschaft wird der tägliche Lebenskampf geführt, und die Politik macht diesen Menschen das Leben nicht leichter, sondern schwerer.
Es sind auch diejenigen, die keine große Lobby haben. Sie haben keinen Verband, der für sie spricht. Sie führen keine Demonstrationszüge an. Es ist eine stille Mehrheit. Es ist die verges-sene Mitte. Es muss in Deutschland noch eine Partei geben, die dieser Mitte eine Stimme gibt. Die FDP ist Anwalt dieser vergessenen Mitte. Die FDP will diese Mitte wieder ins Zentrum der politischen Diskussion in unserem Land rücken.
Die Mittelschicht fordert von der Politik keine staatlichen Wohlfühlprogramme. Sie erwartet keine Subventionen. Aber die Menschen erwarten zu Recht, dass die Politik ihnen nicht an-dauernd Knüppel zwischen die Beine wirft.
Schwarz-Rot hat mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer bis hin zur Versicherungssteuer das Leben für alle teurer gemacht. Eine durchschnittliche vierköpfige Familie hatte im abgelaufenen Jahr rund 1600 Euro weniger zur Ver-fügung als im Vorjahr. Darum haben die Menschen zu Recht das Gefühl, dass sie vom Auf-schwung nicht profitieren. Wir wollen nicht, dass der Aufschwung schon vorbei ist, bevor er bei den Bürgern ankommt.
Ja, es gibt eine Gerechtigkeitslücke in unserem Land. Aber sie wurde von der Regierung in wei-ten Teilen selbst gemacht.
Dieses Jahr sollen nun die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sinken. Das ist gut. Aber wenn die Senkung durch Beitragserhöhungen bei der Pflegeversicherung, bei der Rente und bei den Krankenkassen größtenteils gleich wieder aufgefressen wird, haben die Bürger am Ende keinen einzigen Cent mehr im Portemonnaie. Mehr Netto vom Brutto muss die Marschrichtung für 2008 sein. Die Netto-Frage ist die wahre soziale Frage. Jedenfalls für diejenigen, die den Karren ziehen.
Es ist unfair, wenn immer mehr Menschen immer weniger netto übrig bleibt, weil der Staat immer mehr Geld ausgibt. Fair ist, wenn Leistung sich lohnt und Fleiß sich auszahlt.
Die Regierung behauptet, für Steuersenkungen sei kein Geld da. Ich sage Ihnen: Der Staat hat Geld wie Heu. Er verplempert es nur zu oft in Bereichen, aus denen er sich besser heraushalten sollte.
In unserem Liberalen Sparbuch haben die 61 liberalen Abgeordnete im Deutschen Bundestag über 400 Vorschläge gemacht, wie der Bund schon in diesem Jahr erstmals ohne neue Schulden auskommen könnte.
Der Bundesfinanzminister verspricht für 2011 – also nach der nächsten Bundestagswahl – ei-nen ausgeglichenen Bundeshaushalt. Ich wünschte mir eine Bundesregierung, die den Ehrgeiz hätte, die richtigen Dinge zu tun, bevor sie abgewählt wird.
Als Schwarz-Rot an die Regierung kam, gab es ein Defizit von 30 Milliarden Euro. Durch die Steuererhöhungen und die besseren konjunktu-rellen Daten hat die Regierung dann unerwartet 50 Milliarden Euro mehr eingenommen. Trotzdem hat sie 12 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Wenn man in Zeiten guter Konjunktur nicht ohne Schulden auskommt, wie will man dann in Zeiten schlechter Konjunktur das schaf-fen?
187 Millionen Euro gibt Deutschland in diesem Jahr für Entwicklungshilfe an China aus. Ganz Oldenburg oder ganz Göttingen arbeitet ungefähr ein komplettes Jahr nur dafür, dass wir die Steuermittel bekommen, die dann anschließend von der Regierung nach China überwiesen werden.
Die Bundesregierung hat 74 neue Planstellen in den Ministerien geschaffen für Personen, die nichts anderes als Wahlkampf machen sollen. Das kostet den Steuerzahler jedes Jahr 6 Millionen Euro. Anders ausgedrückt: 3750 Familien müssen ein ganzes Jahr lang arbeiten, um das an Einkommensteuer aufzubringen, was Schwarz-Rot für Wahlkämpfer in den Ministerien verplempert. Es ist nicht fair, wenn die Regierung von den Bürgern verlangt, den Gürtel enger zu schnallen, ihn dann aber bei sich selbst zwei Loch weiter macht.
Ein starker Staat muss kein teurer Staat sein. Das ist die Lebenslüge der Linken. Immer mehr staatliche Umverteilung bringt nicht mehr soziale Gerechtigkeit. Das sehen wir doch: Die Kinderarmut hat sich seit 2004 in Deutschland verdoppelt.
Stark ist der Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert. Deswegen muss sich der Staat aus Dingen heraushalten, die nicht seine Sache sind. Was der Staat nicht regeln muss, dass soll er auch nicht regeln dürfen.
Mindestlohn hört sich gut an. Und auch wir sind der Meinung, jemand, der Vollzeit arbeitet, der soll davon auch ordentlich leben können. Das Bürgergeldkonzept der FDP dazu liegt vor. Aber das Postmonopol durch staatlich festgelegte Löhne zu schützen, das wird einige tausend Menschen in diesem Jahr ihren Arbeitsplatz kosten. Es ist nicht fair, wenn die Regierung um einen Staatsmonopolisten Schutzzäune baut und private Unternehmen deswegen pleite gehen.
In der sozialen Marktwirtschaft ist die Lohnfindung Aufgabe der Tarifvertragsparteien, von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die kennen die Situation im Betrieb vor Ort besser.
Mindestlöhne, Maximallöhne: Natürlich ärgert man sich, wenn jemand Millionen bekommt, die er vielleicht nicht verdient hätte. Trotzdem: Es ist nicht Aufgabe des Staates, Löhne festzule-gen. Nicht nach unten. Auch nicht nach oben. Schwarze Schafe gibt es überall. Oder soll der Staat demnächst auch die Bezahlung unserer Fußballer regeln?
Und was nutzt ein Brutto-Mindestlohn auf dem Papier, wenn der Staat den Bürgern netto im-mer weniger belässt? Die Taschen des Finanzministers sind voller, weil die Taschen der Bürger leerer sind.
Und was nutzt ein Brutto-Mindestlohn auf dem Papier, wenn man damit immer weniger anfangen kann, weil die Preise steigen? Im Supermarkt, an der Tankstelle und bei der Nebenkostenabrechnung zu Hause: Im vergangenen Jahr hatten wir Preissteigerungsraten von über 3 Prozent. Eine so hohe Inflation gab es in Deutschland seit dreizehn Jahren nicht mehr. Wenn das Geld weniger wert ist, trifft das zuerst die, die wenig Geld haben. Inflation ist unsozial.
Die Regierung selbst ist der größte Preistreiber der Republik. Nehmen Sie die Preise für Energie: Seit dem Jahr 2000 sind die Energiekosten um etwa 50 Prozent gestiegen. Das beklagt auch die Regierung und sie bedauert, dass sie leider den Weltmarkt nun aber auch nicht ändern könne. Das kann auch die FDP nicht. Aber wer die hohen Energiepreise beklagt, der muss wissen, dass der Staat zu zwei Dritteln diese Preise selbst macht: Eine ideologische Energiepolitik, die Stromsteuer, die Ökosteuer, die Zwangsbeimischung von so genanntem Biokraftstoff und die erhöhte Mehrwertsteuer, das alles sind staatliche Maßnahmen, die die Menschen teuer zu stehen kommen. Wenn es eine soziale Politik in diesem Land gibt, dann ist es die, dafür zu sorgen, dass der Euro auch im Inland etwas wert ist und dass man sich dafür etwas kaufen kann.
Viel wurde im vergangenen Jahr darüber gestritten, wem der Aufschwung gehört. Die einen sagten: Das ist ein Merkel-Aufschwung. Die anderen meinten: Das ist ein Schröder-Aufschwung. Jeder wollte es gewesen sein. Aber keiner hat die bessere Konjunktur genutzt, um die notwendigen Reformen einzuleiten. Nun ziehen bereits dunkle Wolken am Konjunkturhimmel auf:
Der deutsche Automarkt ist im Jahr 2007 eingebrochen: der Absatz fiel mit etwa 3,16 Millionen Autos so gering aus wie noch nie seit der Wiedervereinigung.
In den ersten neun Monaten 2007 ist der Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern um 43 Prozent zurückgegangen, der von Wohnungen um 31,4 Prozent.
Das Handwerk befürchtet Umsatzeinbrüche in diesem Jahr von bis zu 20 Prozent.
Nach zahlreichen Wirtschaftsinstituten hat nun auch die Bundesregierung ihre Wirtschaftsprognose für 2008 auf 1,9 Prozent gesenkt. Zum Vergleich:
  • Vereinigtes Königreich: 2,3 Prozent
  • Niederlande: 2,5 Prozent
  • Österreich: 2,5 Prozent
  • Schweden: 2,8 Prozent
  • Finnland: 3,0 Prozent
In nur einem Jahr mit besserer Konjunktur ha-ben wir nicht das aufgeholt, was wir in den Jahren zuvor verloren hatten. Bessere Konjunktur macht Reformen nicht überflüssig. Bessere Konjunktur muss der Boden für gute Reformen sein.
Für Liberale ist klar: Der Staat hat für Sicherheit der Bürger zu sorgen. Werner Maihofer hat einmal formuliert: „Absolute Sicherheit heißt absolute Unfreiheit. Absolute Freiheit heißt absolute Unsicherheit. Die liberale Position: Die richtige Mitte. Und im Konflikt zwischen Sicherheit und Freiheit: Im Zweifel für die Freiheit.“ Auf die richtige Mitte zu achten, ist unsere politische Aufgabe in Zeiten, in denen zur angeblichen Bekämpfung von Terrorismus der Politik fast jedes Mittel Recht erscheint. Haben Sie in der letzten Woche telefoniert oder eine E-mail verschickt? Die Daten Ihrer Kommunikation sind vielleicht nicht nur beim gewünschten Empfänger gelandet. Mit der so genannten Vor-ratsdatenspeicherung haben die Ermittlungsbehörden ein halbes Jahr lang Zugriff auf Ihre Daten. Ich halte es für einen unangemessenen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, wenn mit einem solchen Gesetzentwurf ein ganzes Volk unter Pauschalverdacht gestellt wird. Benjamin Franklin hat dazu formuliert: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“ Wir befinden uns hier auf einem gefährlichen Weg: Mit der Gesundheitskarte könnte es den gläsernen Patien-ten geben. Mit der Aufhebung des Bankgeheimnisses in Deutschland gibt es den gläser-nen Bankkunden. Mit der zentralen Steuerdatei soll es den gläsernen Steuerzahler geben. Mit der Vorratsdatenspeicherung den gläsernen Telefonkunden. Und mit der Online-Durchsuchung – wenn es nach dem Bundesinnenminister geht – den gläsernen Heimcomputer. Wir Liberale sind für konsequente Strafverfolgung. Aber wir wehren uns dagegen, ein Volk pauschal unter Verdacht zu stellen. Einer Regierung, die ihren friedlichen Bürgern nicht vertraut, der sollten die Bürger nicht vertrauen.
Angesichts schrecklicher Vorfälle in der Münchener U-Bahn ist in Deutschland eine Diskus-sion über das Jugendstrafrecht entbrannt. Die FDP hat dazu eine klare Haltung: Wer solche Straftaten begeht, der gehört zügig bestraft und zwar mit der ganzen Härte des Gesetzes: Im Klartext: Er gehört ins Gefängnis.
Der Staat muss Angebote machen zur Integration. Er muss behilflich sein beim Erlernen der Sprache. Er muss darauf achten, dass Benachteiligungen durch die Herkunft ausgeglichen werden. Aber dann ist auch jeder für die Konsequenzen seines Handelns selbst verantwortlich. Wer diese Angebote nicht annimmt, wer sich nicht integrieren will, wer sich nicht an die Regeln des Gastlandes hält, der wird bestraft, auch mit Ausweisung. Ich glaube nur nicht, dass sich die beiden Straftäter aus München durch eine Erhöhung der Höchststrafen im Jugendstrafrecht von ihrer Tat hätten abschrecken lassen. Wir haben in diesem Bereich kein wirkliches Gesetzdefizit. Wir haben ein Vollzugsdefizit. Allein in Bayern sind in den letzten Jahren 1000 Polizeistellen abgebaut worden. Polizeistreifen auch in U-Bahnen, das hilft vor Gewalt - und kein gesetzgeberischer Aktionismus.
Frühzeitige Therapie, das ist alles wichtig. Ich bin es allerdings auch leid, dass nun alles mit irgendeiner schweren Kindheit entschuldigt werden soll. Die Polizeiakte des einen Straftäters umfasst inzwischen 1.000 Seiten. Da finde ich, liegt der hessische Ministerpräsident mit seinen Forderungen nach mehr Gesetzen falsch. Die bessere Anwendung der vorhandenen Gesetze ist das Thema. In Hessen gab es in den 90er Jahren einmal geschlossene Heime für kriminelle Serientäter. Die FDP-Landtagsfraktion in Hessen hat mehrere Versuche gestartet, wieder ein geschlossenes Heim in Hessen einzurichten. Aber das war dem Herrn Ministerpräsidenten zu teuer. Hessen braucht am längsten – zusammen mit Brandenburg – um Strafverfahren durchzuführen. Gerade bei Jugendlichen muß die Strafe auf dem Fuß folgen. In Baden-Württemberg geht das in Deutschland am schnellsten. Wer bei der Sicherheit starke Forderungen stellt, der darf nicht so schwach handeln.
Für Liberale sind die Werte Freiheit, Gleichheit und Ordnung wichtig. Aber im Zweifel entscheiden wir uns für die Freiheit. Es geht aber nicht um die Freiheit von irgendetwas. Es geht um Freiheit für etwas. Für uns Liberale geht es um Freiheit zur Verantwortung. Freiheit zur Verantwortung heißt in der Familienpolitik konkret: Der Staat kann den Eltern nicht die Verantwortung für die Erziehung abnehmen. Aber er muss Eltern Angebote machen, dass sie frei entscheiden können, wie sie ihr Familienleben gestalten.
Es ist unfair, wenn Frauen sich eine gute Ausbildung erarbeiten, aber als Mütter nicht mehr arbeiten können, weil es nicht genug Kinderbetreuung und Ganztagsschulen gibt.
Fair ist, wenn Frauen und Männer eine Wahl haben, ob sie Kinder und Karriere vereinbaren wollen.
Freiheit zur Verantwortung bedeutet in der Bildungspolitik, dass jeder Zugang zu Bildung ha-ben muss. Für das Lernen ist dann aber jeder selbst verantwortlich. Der Zugang zu Bildung ist eine Aufstiegsfrage. Jeder muss aufsteigen können. Auch wenn es nicht jeder schaffen wird. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems bestimmt über die Durchlässigkeit der Gesellschaft. Die Bildungsfrage ist die größte Gerechtigkeitsfrage der Republik.
Freiheit zur Verantwortung heißt in der Familienpolitik aber auch, dass es eine gesellschaftli-che Verantwortung gibt, um diese schrecklichen Todesfälle von Kindern nach besten Kräften zu verhindern. Das ist auch Aufgabe des Jugendamtes. Aber es ist nicht nur Aufgabe staatlicher Betreuungsstellen. Eine Gesellschaft, die das Prinzip Freiheit zur Verantwortung lebt, fordert jeden einzelnen auf, zu handeln, wenn er in seiner Nachbarschaft feststellt, dass Eltern überfordert sind. Das ist oft unangenehm. Aber jedes Kind, das in schrecklicher Verwahrlosung lebt, muss es uns wert sein, alles zu tun, um es davor zu bewahren. Zivilcourage ist gefragt.
Das Prinzip Freiheit zur Verantwortung heißt beim Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen: Wir sind verpflichtet, den nachkommenden Generationen eine Welt zu übergeben, die ihnen die Lebensqualität bietet, die wir selbst genossen haben. Der Schutz der Umwelt, die Kontrolle der Veränderungen beim Klima können aber nur mit Hilfe neuer Technologien und nicht gegen sie erreicht werden. Es wird Zeit, dass wir beim Klimaschutz praktisch vorankommen – Knut wird langsam erwachsen, und unsere Umweltpolitik sollte es auch werden. Deutschland ist führend bei der Solartechnologie. Aber gleichzeitig wird aus ideologischen Gründen die Nukleartechnologie in Deutschland abgewickelt. Wenn aber CO2-Emmissionen die größte Gefahr für das Weltklima sind, dann muss auch Deutschland auf die CO2-freie Kernenergie setzen und sie nicht frühzeitig abschalten.
Das Prinzip Freiheit zur Verantwortung heißt auch, dass uns Armut in der Welt nicht gleich-gültig sein kann. Deutschland tut viel im Namen der Entwicklungshilfe. Aber das ist nicht alles. Wenn Schwellenländer Produkte haben, die sie exportieren können, dann müssen unsere Grenzen dafür offen sein.
Freiheit zur Verantwortung heißt auch, unsere kulturellen Lebensgrundlagen zu schützen. Wenn ein Land diese Aufgabe nicht ernst nimmt, dann verliert es an Tradition, an Kreativität und an Fortschritt. Generationen haben dieses Staatstheater in Stuttgart gehegt und gepflegt. Das Prinzip Freiheit zur Verantwortung heißt, dass dies auch die Aufgabe unserer Generation ist. Für mich sind Ausgaben für Kultur keine Subventionen, sondern Investitionen in unsere Zukunft.
2008 brauchen wir neue Anläufe in der internationalen Abrüstungspolitik. Der russische Präsident Putin kündigt eine „grandiose“ Nach- und Aufrüstung an. US-Präsident Bush spricht bei der Bekämpfung des Terrorismus von einem Dritten Weltkrieg. Deutschland sollte in einer Welt, in der neue Aufrüstungsspiralen drohen, mit gutem Beispiel vorangehen. Das gemeinsame Europa ist einmal als Wirtschaftsgemeinschaft gestartet, aber es ist eine Friedensgemeinschaft geworden. Wir werden diesen Frieden nur verteidigen, wenn wir gemeinschaftlich in Europa handeln. Wir müssen dieser rhetorischen Aufrüstung Einhalt gebieten, bevor sie zu neuen Konfrontationen führt. Das gilt für die Drohgebärden aus Russland genauso wie für neue Raketen, die Europa spalten. Abrüstung in Worten und Taten, das ist in unserem nationalen Interesse.
Genau in drei Wochen beginnt das Wahljahr in Hessen und in Niedersachsen.
Lieber Philipp Rösler, lieber Walter Hirche, lieber Hans-Heinrich Sander: Ihr habt gut gearbeitet und Ihr steht gut da. Von Stuttgart aus senden wir Euch das Signal, dass wir Euch unter-stützen für den 27. Januar 2008.
Wenn man wie in Hessen Konservative alleine regieren lässt, dann macht das die Linken stark. Hessen braucht dringend Mitte und Maß. Und das bringen die Liberalen, an der Spitze mit Jörg-Uwe Hahn, in die künftige Regierung von Hessen ein.
Liebe Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen und in Hessen: Heute in drei Wochen haben Sie es in der Hand darüber zu entscheiden, ob die politische Achse der Republik wieder mehr in die Mitte rückt. Wenn in Niedersachsen und in Hessen Schwarz-Gelb gewinnt, dann haben wir eine andere strategische Debatte in Deutschland: Dann werden wir die Rückkehr der Mehrheiten der Vernunft erleben.
Wir werden noch mindestens zwei weitere Landtagswahlen in 2008 haben. In Hamburg und in Bayern. Die FDP ist wieder in zwölf Länderparlamenten vertreten. Wir waren einmal vor einigen Jahren in nur noch vier Landtagen vertreten. Wir wollen in sechzehn von sechzehn Länderparlamenten vertreten sein. Wahlen gewinnen ist die Voraussetzung dafür, dass in Deutschland die Kraft der Freiheit gestärkt wird. Und darum werden wir in Hamburg gemeinschaftlich mit Hinnerk Fock für die Rückkehr der Liberalen am 24. Februar in die Hamburger Bürgerschaft kämpfen. Und dann werden wir im September Martin Zeil und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dabei unterstützen, dass wir in Bayern wieder im Landtag vertreten sind.
Die Freien Demokraten sind kampfeslustig und diskussionsfreudig. Wir wären seit Jahren nicht so erfolgreich, wenn wir nicht ein gutes Team wären. Mit 10 Prozent im Bund und mit 11 Prozent hier in Baden-Württemberg in der Regierung. Da gab es auch schon andere Zeiten. Wir halten Kurs. Das ist nicht spektakulär, aber richtig. Wir Liberale wollen Freiheit zur Verantwortung, wir wollen das Erwirtschaften vor das Verteilen stellen, wir wollen Privat vor Staat. Wir lassen uns nicht einreden, der Liberalismus sei nur etwas für eine gewisse Etage der Gesellschaft. Liberalismus ist gut für das ganze Volk. Nicht alles wird jedem immer gefallen bei den Freien Demokraten. Aber unsere Richtung stimmt. Wem staatliche Bevormundung lieber ist, der ist bei uns falsch. Wer Freiheit zur Verantwortung will, der ist bei uns richtig. Vergessen Sie nicht: Wer sich bevormunden lässt, der wird auch entmündigt. Wir wollen mündige Staatsbürger und keine abhängigen Staatskunden. Wir wollen einen Staat, der den Rahmen setzt. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. Wir wollen Bürger, die in einer freien und fairen Gesellschaft leben. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

1 Kommentar:

schwul-und-liberal hat gesagt…

Gut gebrüllt, Löwe! :)