Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für die "Wetzlarer Neue Zeitung" (14.1.2008) den folgenden Gastbeitrag:
Angesichts schrecklicher Vorfälle in der Münchener U-Bahn und anderswo ist in Deutschland eine Diskussion über das Jugendstrafrecht entbrannt. Die FDP hat dazu eine klare Haltung: Wer solche Straftaten begeht, der gehört zügig bestraft - und zwar mit der ganzen Härte des Gesetzes.
Die Polizeiakte des einen Straftäters umfasst inzwischen 1000 Seiten. Da finde ich, liegt der hessische Ministerpräsident mit seinen Forderungen nach mehr Gesetzen falsch. Die bessere Anwendung der vorhandenen Gesetze ist das Thema. In Hessen gab es in den 90er Jahren einmal geschlossene Heime für kriminelle Serientäter. Die FDP-Landtagsfraktion in Hessen hat mehrere Versuche gestartet, wieder ein geschlossenes Heim in Hessen einzurichten. Aber das war dem Ministerpräsidenten zu teuer. Hessen braucht am längsten - zusammen mit Brandenburg - um Strafverfahren durchzuführen. Gerade bei Jugendlichen muss die Strafe auf dem Fuß folgen. Im schwarz-gelb regierten Baden-Württemberg geht das in Deutschland am schnellsten. Wer bei der Sicherheit starke Forderungen stellt, der darf nicht schwach handeln.
Die aktuelle Überhitzung, in der Rhetorik wie auf Plakaten, schadet unserer Gesellschaft insgesamt. Sie reißt Gräben auf, wo realistische Lösungen gefragt sind. Union und SPD sollten sich weniger Gedanken darüber machen, gegen wen man welches Thema in welchem Wahlkampf ausspielt, sondern mehr darüber, wie man die Probleme tatsächlich löst. Ich habe jüngst einen Brief an die Vorsitzenden der Regierungsparteien geschrieben und schlage darin vor, dass wir uns zu einem konstruktiven Gespräch über Jugendgewalt zusammensetzen. Sollte es Gesetzeslücken geben, und werden die glaubhaft dargelegt, dann reden wir darüber. Aber das Vollzugsdefizit - zu lange Strafverfahren - ist das eigentliche Problem.
Dem Thema der inneren Sicherheit werden wir nur gerecht, wenn wir Vernunft walten lassen. Erstens: Wer schwer kriminell wird und einen Menschen fast zu Tode tritt, muss vor Gericht gestellt, verurteilt und gegebenenfalls abgeschoben werden. Zweitens: Es darf nicht sein, dass es an Polizisten mangelt und wir eine unterbesetzte Justiz haben. Drittens: Mittel- und langfristig kann man nur durch Bildung und Integration, dabei vor allem durch die Förderung von Sprachkompetenz, verhindern, dass sich das Problem der Jugendkriminalität verschärft.
Wir müssen aufpassen, dass diese aufgeregten Diskussionen nicht dazu führen, dass wir nur noch über die Ausstattung von Gefängnissen reden statt über die Ausstattung von Schulen.
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