Berlin. Der FDP-Partei- und –Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE schrieb für die „Wetzlarer Neue Zeitung“ (10.12.2007) den folgenden Gastbeitrag:
„Mindestlohn“ hört sich gut an – aber tatsächlich sehen bereits die ersten 1.000 Arbeitnehmer wegen der Tarifkungelei von Deutscher Post, Verdi, Union und SPD ihrer Kündigung entgegen. Jeder kann in diesen Tagen erkennen: Der staatlich organisierte Post-Mindestlohn trifft ausgerechnet die Schwachen auf dem Arbeitsmarkt, während ein ohnehin schon privilegierter Monopolkonzern davon profitiert.
Ein Mindestlohn von 9,80 Euro ist der höchste Mindestlohn in der gesamten Welt. Es war absehbar, dass diese Fehlentscheidung der schwarz-roten Koalition die Falschen trifft, nämlich diejenigen, die jetzt ihren Arbeitsplatz verlieren. Die SPD demonstriert Mitleid mit den Entlassenen und viele in der Union blicken schamvoll zu Boden – aber beide Parteien wollen trotzdem nicht nur diesem falschen Mindestlohn im Deutschen Bundestag zustimmen, sondern auch noch weitere Branchen damit zwangsbeglücken.
Eine staatliche Lohnfestsetzung wie jetzt bei der Post bedeutet für viele, die mühsam einen Arbeitsplatz bekommen haben, ein Entlassungsrisiko, für viele, die noch einen Arbeitsplatz suchen, schlechtere Einstiegschancen, für die solidarische Arbeitslosenversicherung zusätzliche Lasten, für alle Verbraucher höhere Preise - und ausgerechnet für Monopolbranchen wie die bisherige Post eine staatliche Gewinnabsicherung.
Wenn der Staat jetzt die Löhne festsetzt, dann kann er demnächst auch die Preise festsetzen. Dann sind wir bei der Planwirtschaft wie in der DDR nur ohne Mauer. Und dass das in der wirtschaftlichen Katastrophe endete, wissen wir. Die Geschichte der bundesdeutschen Tarifpartnerschaft von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist eine Erfolgsgeschichte. Diese Erfolgsgeschichte sollte nicht durch eine neue staatliche Tarifpolitik beendet, sondern durch mehr betriebliche Tarifbündnisse fortgeschrieben werden. Tarifverhandlungen und Lohnvereinbarungen müssen, das ist die mahnende Lehre aus dem Mindestlohn-Desaster in der Postbranche, ganz besonders das Wohl schwächerer Arbeitnehmer und Arbeitsuchender im Auge behalten.
Natürlich müssen die Menschen von dem, was sie sich erarbeiten, ordentlich leben können. Aber wenn die so genannte große Koalition sagt, dass den Bürgern nicht genug übrig bleibt und zugleich verschweigt, dass sie selbst der größte Preistreiber der Republik ist, ist das unglaubwürdig. Dieselbe Bundesregierung, die jetzt ankündigt, sie wolle die Arbeitslosenbeiträge um durchschnittlich etwa 200 Euro senken, hat die Familien dieses Jahr um 1.600 Euro belastet. Diese Regierung nimmt den Bürgern das Schwein vom Hof und gibt ihnen ein Kotelett zurück, und dazu sollen sie auch noch klatschen.
Montag, 10. Dezember 2007
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